So verändert die Geburt des ersten Kindes die Väter
Erstellt von Hans-Georg Nelles am Freitag 14. August 2020
Das Leben von Eltern ändert sich mit der Geburt des ersten Kindes schlagartig. Werden sie erwachsener, weil sie neue Verantwortung zu übernehmen haben? Dieser Frage gingen Eva Asselmann und Jule Specht von der Humboldt-Universität zu Berlin nach. Die Psychologinnen werteten Daten von knapp 20.000 Personen aus dem Sozioökonomischen Panel aus, einer bevölkerungsrepräsentativen Langzeitstudie aus Deutschland. Die Forscherinnen untersuchten die fünf Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Geselligkeit, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionale Stabilität in den Jahren vor und nach der Geburt des ersten Kindes.
Danach hatten Personen, die weniger offen für neue Erfahrungen waren sowie extrovertierte Menschen eine höhere Wahrscheinlichkeit, in den Folgejahren eine Familie zu gründen. Nach der Geburt ihres Kindes waren Eltern weniger offen und die Geselligkeit (Extraversion) nahm ab. Eine Erklärung: Mit einem Baby bleibt oft kaum Zeit, um neue Dinge auszuprobieren oder Freunde zu treffen.
Komplexere Effekte zeigten sich für die anderen Persönlichkeitsmerkmale Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionale Stabilität. Sie waren teilweise vom Alter und Geschlecht der Teilnehmenden abhängig.
So zeigte die Studie, dass jüngere Eltern im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes deutlich gewissenhafter waren als in den Jahren davor und danach. Späte Eltern dagegen waren nach der Geburt des ersten Kindes sogar weniger gewissenhaft als zuvor. Eine mögliche Erklärung: Gerade junge Eltern müssen oft schlagartig Verantwortung übernehmen. Dagegen haben sich späte Eltern bereits einen sozialen Status erarbeitet, der es ihnen erlaubt, nach der Familiengründung beruflich kürzer zu treten.
Es sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig, um zu prüfen, durch welche konkreten Veränderungen im Alltag sich die einzelnen Ergebnisse erklären lassen. Dass die Geburt des ersten Kindes grundsätzlich mit einer Persönlichkeitsreifung einhergeht, konnte in der Studie nicht bestätigt werden.